[Isaak] ließ die Wasserbrunnen wieder aufgraben, die sie zur Zeit Abrahams, seines Vaters, gegraben hatten und die die Philister verstopft hatten nach Abrahams Tod. 1. Mose 26,18 |
Isaak hatte Streit mit den Philistern, die neidisch auf ihn wurden, weil er von Gott sehr gesegnet wurde. Sie verstopften die Brunnen, die Abrahams Knechte gegraben hatten. Um Streit aus dem Wege zu gehen, zog Isaak mit seinen Leuten nach Gerar und ließ dort die Brunnen wieder aufgraben (1 Mo 26,12-18). Die Arbeit war sicher mühevoll, aber erfolgreich. Sie fanden im Tal sogar "eine Quelle lebendigen Wassers". Darüber kam es aber wieder zu einem Streit. "Die Hirten von Gerar zankten mit den Hirten Isaaks und sprachen: ,Das Wasser ist unser!'" (V. 19.20).
Die Brunnengräber hätten ein Recht gehabt zu sagen: "Wir haben diesen Brunnen gegraben und Quellwasser gefunden", und darum zu kämpfen, dass das Wasser ihres blieb. Aber sie gaben nach, zogen weiter und fingen wieder von vorne an, bis es wieder zum Streit kam.
Nun - könnte man meinen - war die Geduld der Brunnengräber am Ende. Diesem Zank und Streit würden sie mit Härte ein Ende setzen. Dem war aber nicht so. Es heißt: "Da zog [Isaak] weiter und grub noch einen anderen Brunnen." (V. 22) Erstaunlicherweise gab es dieses Mal keinen Zank mehr! Und das mehrfache Nachgeben bewirkte etwas Wunderbares: Abimelech, der feindlich eingestellte König der Philister, kam friedlich zu Isaak und bekannte: "Wir sehen mit sehenden Augen, dass der HERR mit dir ist!" (V. 28a)
Nachgeben? Kein Mensch gibt gern nach. Schon Kindern fällt das schwer. Das Ergebnis ist heute wie damals Zank und Streit. Am Ende hat keiner wirklich gewonnen; alle Beteiligten sind traurig und bedrückt. Sicher wäre mancher Krieg vermieden worden, manche Beziehung noch in Ordnung, mancher Streit längst beigelegt, wenn man nachgegeben hätte.
Ist Nachgeben nicht ein Zeichen von Schwäche? So wird es oft gesehen, aber in Wahrheit gehört zum Nachgeben viel Charakterstärke. Es kann sein, dass du "Brunnen", die du gegraben hast, an andere abgibst, aber am Ende werden die, die von deinen Brunnen leben, vielleicht beschämt sein und bekennen: "Wir haben erkannt, dass der HERR auf deiner Seite steht." (V. 28a GNB) Sicher braucht es bis dahin viel Zeit und Geduld, aber im Geiste der Bibel zu handeln, wird nicht ohne Segen bleiben.
Lothar Reiche
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